Übersichtsartikel: Der Caravaning-Markt 2013

  • Artikel aus der FAZ 21. JANUAR 2014
    TECHNIK UND MOTOR
    "Stark im Inland, schwach in Europa
    Die Deutschen sind größere Optimisten, als es den Anschein hat – zumindest was sie persönlich betrifft: Gefragt nach den Erwartungen an die Wirtschaftslage in einem Jahr schätzen sie ihre eigene Situation deutlich besser ein als die allgemeine. Das hat die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen herausgefunden. Diese hat auch ermittelt, dass von 80 Millionen Deutschen rund zehn Prozent caravaning-affin sind, aber nur 2,5 Millionen diese Urlaubsform praktizieren. Da schlummert doch noch ein gewaltiges Potential. Die Caravaning-Branche hat das erfolgreiche Jahr 2013 tatsächlich ihren Landsleuten zu verdanken, denn nur der heimische Markt mit seinen Rekord-Zulassungszahlen jetzt schon im dritten Jahr hintereinander hat ihr die positive Bilanz beschert.

    Um 3,1 Prozent auf den neuen Höchstwert von 24 809 Reisemobilen sind die deutschen Zulassungen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, davon können deutsche Autohersteller mit ihrem Minus von 4,2 Prozent nur träumen. Dass in der Summe der Freizeitfahrzeuge dennoch ein leichtes Minus von 0,5 Prozent auf 41 474 Einheiten zu verzeichnen ist, liegt am Rückgang der Wohnwagenzulassungen um 5,5 Prozent. Dennoch konnte die Branche die im Vorjahr zum ersten Mal überschrittene Umsatzmarke von 6 Milliarden Euro halten, wozu das Geschäft mit Gebrauchtfahrzeugen fast 2,5 Milliarden Euro beigetragen hat. Außerdem steigt der durchschnittliche Preis der verkauften Fahrzeuge ständig: nicht wegen höherer Preise, sondern wegen der Entscheidung für bessere Ausstattung oder größere Modelle.

    Im Durchschnitt haben deutsche Wohnmobilkäufer im vergangenen Jahr 65 385 Euro (plus 4,3 Prozent) und Caravankunden 17 845 Euro (plus 2) für ihr neues rollendes Urlaubsdomizil ausgegeben. Der Händlerverband steuert das schöne Detail bei, dass Wohnwagen-Neueinsteiger sogar 22 000 bis 26 000 Euro für ihr Gefährt investieren. Und da vor allem Caravans fast das Alter von Methusalem erreichen können (meist als Dauerdomizil unter einem schützenden Dach), ist der Bestand hierzulande um 1,5 Prozent gestiegen, der Branchenverband CIVD schätzt die Zahl einschließlich der rund 300 000 nicht zugelassenen Wohnwagen auf etwa 880 000. Bedeutend geringer ist der Unterschied beim Bestand von Reisemobilen, hier rechnet der CIVD zu den rund 354 000 erkennbar als solche Zugelassenen noch knapp 100 000 hinzu, weil viele Fahrzeuge als Personen- oder Lastwagen oder Büromobil angemeldet sind und aus der Reisemobilstatistik herausfallen. Das gilt vor allem für die beliebten VW-Busse.

    Völlig anders sieht es für die stark exportorientierte Branche auf den europäischen Märkten aus. Außer Deutschland konnten nur Norwegen und Großbritannien die Zahlen von 2012 halten, alle anderen Länder melden weiterhin sinkende bis höchstens stagnierende Märkte. Insgesamt wurden 138 390 Freizeitfahrzeuge in Europa neu zugelassen (–5,5 Prozent), es waren 2013 zum zweiten Mal mehr Wohnmobile als Wohnwagen. In Deutschland haben sich die Märkte bereits 2007 gekreuzt. Auf den Rückgang des europäischen Markts um 3,1 Prozent auf 71 016 Reisemobile und 67 474 Caravans (–7,9) haben die deutschen Hersteller bereits mit kräftiger Reduzierung der Produktion reagiert, bei Reisemobilen um 4,4 Prozent und bei Wohnwagen sogar um 24,2 Prozent. Das haben sie vor allem mit der Reduzierung von Leiharbeitern aufgefangen, betriebsbedingte Kündigungen konnten bislang vermieden werden.

    Vor allem der französische Markt bereitet der Branche Sorgen. Unser Nachbarn waren bis zur Krise von 2009 Europameister bei den Reisemobilzulassungen, doch sie haben sich im Gegensatz zu den Deutschen von dieser Krise nicht wieder erholt, und die derzeitige wirtschaftliche Entwicklung schlägt ihnen schwer aufs Gemüt. Daher erreicht der französische Markt nicht einmal zwei Drittel des deutschen. Großbritannien als der größte Caravan-Abnehmer ist weitgehend ein Binnenmarkt, wegen der auf der „falschen“ Seite angeordneten Türen und deutlich unterschiedlicher Einrichtungskonzepte im Vergleich zum Rest Europas. Daher ist und bleibt der deutsche Markt der Stabilisator, denn die positiven Ansätze in Skandinavien haben wegen der niedrigen absoluten Zahlen nur wenig Einfluss. Aber sie sind zumindest ein gutes Zeichen. Die deutschen Hersteller glauben sogar – ein wenig – daran, dass die Talsohle bei Wohnwagen vielleicht erreicht sein könnte. Und wenn das Konsumklima so günstig bleibt, wie die Wirtschaftsinstitute gerade ermittelten, könnten sich die Hoffnungen der Hersteller zum Jahresende zu Gewissheiten wandeln. Monika Schramm"